Ohne Rüstung Leben e.V.
Frieden politisch entwickeln

Nachrichten - 23. Oktober 2025

Rüstungsexporte nach Israel: Als wäre nichts gewesen?

Menschen flüchten im zerstörten Gazastreifen
Foto: Jaber Jehad Badwan, commons.wikimedia.org/wiki/File:Forced_Displacement_of_Gaza_Strip_ Residents_During_the_Gaza-Israel_War_23-25.jpg, CC BY-SA 4.0 [Lizenz]

Zwei Jahre nach dem Massaker der Hamas und dem Beginn des Kriegs in Gaza atmete die Welt kurz auf. Im Oktober 2025 wurde die Einigung auf eine Waffenruhe und die Freilassung der Geiseln zwischen Israel und der Hamas unterzeichnet. Doch die Situation ist und bleibt fragil, ein nachhaltiger Frieden noch in weiter Ferne. Was das für deutsche Rüstungslieferungen bedeutet.


Für Ohne Rüstung Leben ist es wichtig, dass die Empathie und Solidarität mit den Menschen in Israel und in Palästina nicht gegeneinander ausgespielt werden. Völkerrecht und Menschenrechte gelten immer und für alle! Doch wenn ein enger Partner Deutschlands das Völkerrecht derart ignoriert, wie es die israelische Regierung tut, muss dies Konsequenzen haben.


Zahlreiche Rüstungsexporte in den Gaza-Krieg

Über zwei Jahre führte Israel Krieg in Gaza. UN-Organe, der Internationale Strafgerichtshof und zahlreiche Menschenrechtsorganisationen dokumentierten schwerste Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht. Zuletzt stellte im September 2025 eine unabhängige Untersuchungskommission des UN- Menschenrechtsrates fest, dass Israel in Gaza einen Genozid begeht. Viele internationale Stimmen, aber auch israelische NGOs, teilen die Einschätzung.

Trotzdem genehmigte die Bundesregierung den Export zahlreicher Rüstungsgüter und Waffen nach Israel, darunter beispielsweise Panzergetriebe, die in Gaza eingesetzt wurden. Erst im August 2025 verkündete Bundeskanzler Friedrich Merz schließlich einen temporären Teilstopp der Exporte. Angesichts der weltweiten Kritik am Vorgehen Israels blieb ihm kaum etwas anderes übrig. Viele EU-Staaten wie Spanien, Frankreich, Belgien, Slowenien und die Niederlande hatten da bereits ihre Rüstungsexporte eingeschränkt oder komplett gestoppt.


Union: "Es braucht wieder Waffenlieferungen an Israel"

Am 10. Oktober 2025 deutete Bundeskanzler Merz dann bereits die Aufhebung des ohnehin löchrigen Teilstopps an. "Im Licht der Entwicklungen vor Ort" werde die Bundesregierung "ihre Genehmigungspraxis zum Export von Rüstungsgütern überprüfen, die in Gaza verwendet werden können". Aus der Union wurden nur Tage nach Beginn der Waffenruhe erste Stimmen laut, die forderten, alle Exportbeschränkungen fallen zu lassen - als wäre nichts gewesen.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Steffen Bilger sagte, sollte sich der Friedensprozess so fortsetzen wie bisher, gehe man von einer Rückkehr zur ursprünglichen Praxis bei den Rüstungsexporten aus. CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann forderte: "Die Lieferbeschränkungen müssen fallen" und Bayerns Ministerpräsident Söder schrieb auf X: "Neben Hilfen für den Wiederaufbau in Gaza braucht es nun auch wieder Waffenlieferungen an Israel. Wir müssen alle Beschränkungen aufheben".


Die Waffenruhe bleibt brüchig

Dabei haben die vergangenen Tage bereits gezeigt, dass die Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen weiter brüchig ist. Immer wieder kommt es zu Angriffen und Toten im Gazastreifen, etwa durch israelische Luftschläge. Die Regierung in Jerusalem begründet diese mit Angriffen der Hamas auf israelische Soldaten. Zusätzlich blockiert sie erneut lebensnotwendige Hilfslieferungen für die Menschen in Gaza.

Israels rechtsextremer Polizeiminister Itamar Ben-Gvir forderte unterdessen eine Wiederaufnahme des Krieges gegen die Hamas und rief Ministerpräsident Netanjahu dazu auf, die Armee anzuweisen, "die Kampfhandlungen im Gazastreifen vollständig und mit voller Stärke wieder aufzunehmen". Angesichts dieser fragilen Lage wäre es ein fatales Signal, bei den deutschen Waffenlieferungen einfach zum "business as usual" überzugehen.


Menschen- und Völkerrechtsverletzungen nicht nur in Gaza
 

Zumal die Regierung Netanjahu sich nicht nur bezüglich Gaza mit schweren Vorwürfen konfrontiert sieht: Auch Angriffe auf zivile Einrichtungen im Libanon, die Tötung von Hamas-Vertretern in der katarischen Hauptstadt Doha, der Angriff auf den Iran und die Siedlungspolitik im Westjordanland gelten als klare Missachtungen des Völkerrechts.

Deutschland trägt Mitverantwortung für den Einsatz seiner Waffen! Ohne Rüstung Leben fordert die Bundesregierung deshalb seit Jahren vehement auf, sicherzustellen, dass deutsche Waffen keinen Völkerrechtsverletzungen Vorschub leisten. Dabei darf es keine Doppelstandards geben.


ECCHR: Verfassungsbeschwerde gegen deutsche Waffenexporte 

Das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) betont: "Deutschland hat eine verfassungsrechtliche Pflicht, das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit zu schützen - auch dann, wenn staatliches Handeln durch Rüstungsexporte Völkerrechtsverstöße ermöglicht." Deshalb unterstützt die Menschenrechtsorganisation gemeinsam mit Partnern eine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe.

Eingereicht wurde diese durch einen Palästinenser aus Gaza, der gerichtlich erreichen will, dass Deutschland keine Panzerteile nach Israel liefert. Er beruft sich dabei u.a. auf seine Grundrechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Bereits seit Anfang 2024 setzt sich das ECCHR mit unterschiedlichen juristischen Maßnahmen dafür ein, Rüstungsexporte zu stoppen, die in Gaza eingesetzt werden könnten.


Menschenwürde und Freiheit für alle

Der Weg zu einer friedlichen Zukunft für Israel und Palästina ist noch weit. Die Verbrechen der Vergangenheit sind bisher nicht aufgearbeitet und die Regierung Netanjahu hat sich weiterhin nicht glaubwürdig verpflichtet, künftig das Völkerrecht und die Menschenrechte der Menschen in Palästina zu achten.

Die Bundesregierung muss daher jetzt für einen dauerhaften Frieden im Nahen Osten eintreten, der auf dem Völkerrecht basiert und Gleichheit, Freiheit sowie Menschenwürde für alle gewährleistet. Wieder Waffen zu liefern, die bei Völkerrechts- oder Menschenrechtsverletzungen eingesetzt werden könnten, trägt nicht zu einem solchen Frieden bei.

 

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