Ohne Rüstung Leben e.V.
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Nachrichten - 25. Oktober 2022

Eckpunkte zum Rüstungsexportkontrollgesetz veröffentlicht - Antworten auf die wichtigsten Fragen

Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel!

Das Bundeswirtschaftsministerium hat einen ersten Entwurf für die Inhalte des neuen Rüstungsexportkontrollgesetztes veröffentlicht. Zehn Seiten umfassen die sogenannten "Eckpunkte". Was davon geht in die richtige Richtung? Wo muss nachgebessert werden? Und welche gravierenden Schwachstellen bestehen? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

 

Was hat es mit dem neuen Rüstungsexportkontrollgesetz auf sich?

Ohne Rüstung Leben und die "Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel!" fordern bereits seit mehreren Jahren ein Rüstungsexportkontrollgesetz. Dass die Ampel-Koalition diese Forderung nun umsetzen will, ist ein wichtiger Schritt und ein großer Erfolg unserer Arbeit!

Das Gesetz ist dringend überfällig, um die bislang oft undurchsichtigen Exportgenehmigungen auf eine einheitliche Grundlage zu stellen. Damit die deutsche Rüstungsexportpolitik wirklich restriktiver wird, kommt es jedoch auf den konkreten Inhalt des Gesetzes an.

 

Welche Aspekte der "Eckpunkte" gehen in die richtige Richtung?

Die Eckpunkte enthalten bereits einige Aspekte, die in die richtige Richtung zeigen. Das Wirtschaftsministerium will festschreiben, dass Rüstungsexporte grundsätzlich nicht genehmigt werden, wenn der hinreichende Verdacht besteht, dass sie zu Menschenrechtsverletzungen dienen könnten. Dabei sollen Demokratie und Rechtstaatlichkeit, gender- oder minderheitenspezifische Gewalt und der Einsatz von Kindersoldaten deutlich stärker berücksichtigt werden.

Zudem sollen Exporte "bei fortdauernden und systematischen Verletzungen von Menschenrechten im Empfängerland" auch dann abgelehnt werden können, wenn keine konkrete Verbindung zwischen dem Exportgut und den Menschenrechtsverletzungen besteht.

Rüstungsunternehmen, die durch Korruption in "exportrelevanten Unternehmensteilen" auffallen, sollen keine Exportgenehmigungen mehr erhalten. Vor-Ort-Kontrollen des Endverbleibs sollen in Hinblick auf zu kontrollierende Waffen und Länder ausgeweitet werden.

Zudem sollen Betroffene illegal exportierter Waffen künftig die Möglichkeit haben, Unternehmen, die gegen das Rüstungsexportkontrollgesetz verstoßen, auf Schadensersatz zu verklagen und sich an Strafprozessen als Nebenkläger beteiligen können. Das hatte Ohne Rüstung Leben bereits im Rahmen des Prozesses zu Heckler & Koch-Exporten nach Mexiko gefordert.

 

Wo muss dringend nachgebessert werden?

Trotz dieser sinnvollen Ansätze bleibt der Entwurf hinter unseren Erwartungen an eine restriktive Kontrolle zurück und ist in seiner derzeitigen Form noch nicht ausreichend. Das Ministerium skizziert beispielsweise ein umfangreiches Vorgehen für Rüstungskooperationen mit anderen EU-Ländern, etwa dem Eurofighter. Es wird die Option dargestellt, dass die beteiligten Länder zukünftig eine Mehrheitsentscheidung über den Export treffen.

Dieser Vorschlag ist hochproblematisch, denn die deutschen Regeln würden damit einfach ausgehebelt. So besteht die Gefahr, dass deutsche Rüstungsgüter im Rahmen von Kooperationen weiterhin an Staaten wie Saudi-Arabien oder die Vereinigten Arabischen Emirate geliefert werden. Daher fordern wir hier dringend Nachbesserungen!

Rüstungsexporte an EU-, NATO-Staaten und gleichgestellte Länder sollen weiterhin grundsätzlich nicht beschränkt werden. Welche Staaten der NATO "gleichgestellt" sind, soll die Bundesregierung beschließen können - wobei völlig unklar bleibt, nach welchen Kriterien diese Entscheidung getroffen wird. Als Beispiele werden die Republik Korea, Singapur, Chile und Uruguay genannt.

Der Eckpunkte-Entwurf beinhaltet zudem Ansätze zur Begründung von Rüstungsexportentscheidungen und zur besseren Transparenz. Diese sind grundsätzlich zu begrüßen, in ihrer derzeitigen Form jedoch noch nicht weitreichend genug und zu vage.

 

Welche gravierenden Lücken haben die "Eckpunkte" bislang?

Einer der zentralen Mängel der Vorschläge für das Rüstungsexportkontrollgesetz ist das Fehlen eines "Verbandsklagerechtes". Sollte es dabei bleiben, hätten zivilgesellschaftliche Akteurinnen und Akteuren weiterhin keine Möglichkeit, gerichtlich überprüfen zu lassen, ob sich die Bundesregierung an die bestehenden rechtlichen Vorgaben hält.

"Das Fehlen eines Verbandsklagerechtes bedeutet, dass es weiterhin keine direkte Rechenschaftspflicht der Bundesregierung gegenüber ihren eigenen Bürgerinnen, Bürgern und den Betroffenen von Rüstungsexporten gibt. Hier sollten Ministerium und Bundesregierung dringend nachbessern", fordert etwa Dr. Markus Bayer vom Friedensforschungsinstitut BICC. Die GKKE betont, dass ein Rüstungsexportkontrollgesetz ohne das Verbandsklagerecht "weitgehend zahnlos" bliebe.

Zudem ist in den Eckpunkten nicht ersichtlich, was die Bundesregierung der Internationalisierung deutscher Rüstungsunternehmen und der Umgehung deutscher Regeln entgegensetzten will. Bestehende Lücken in Hinblick auf ausländische Tochterunternehmen und Joint-Ventures, technische Unterstützung und Know-How-Transfer werden nicht adressiert.

Schließlich wird auch für Kleinwaffen "weder ein absolutes Verbot nach UN-Definition angestrebt, noch das bestehende grundsätzliche Exportverbot in Drittstaaten in den Eckpunkten erwähnt", kritisiert die "Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!".

 

Wie geht es jetzt weiter?

Die "Eckpunkte" sind zunächst ein Entwurf des Bundeswirtschaftsministeriums für das neue Rüstungsexportkontrollgesetz. Der Erarbeitung ging ein Konsultationsprozess mit Beteiligungsmöglichkeiten für Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Rüstungsindustrie voraus. Nun werden die "Eckpunkte" mit den anderen betroffenen Ministerien diskutiert und darauf aufbauend ein Gesetzentwurf erarbeitet.

Dieser soll dann ins Kabinett eingebracht und anschließend vom Bundestag beraten und beschlossen werden. Wie lange dieser Prozess noch dauern wird, ist unklar. Wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass unsere Kritik in den nächsten Entwurf des Rüstungsexportkontrollgesetzes einfließt.

 

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